LAG-SoFI-NRW

Eine inklusive Schule braucht Standards sonderpädagogischer Förderung

In der aktuellen bildungspolitischen Diskussion spielen Standards eine überragende Rolle. Sie bezieht sich jedoch überwiegend auf Bildungsstandards, d. h. auf die Festlegung, welche Leistungen und Kompetenzen an bestimmten Übergängen und Abschlüssen der Schulzeit erreicht sein müssen.

Zu den Gelingensbedingungen einer inklusiven Schule gehört jedoch nach Auffassung der LAG darüber hinaus dringend die Vereinbarung von Standards, welche die Prozessqualität des Unterrichts und der sonderpädagogischen Förderung an allen Förderorten beschreiben.

Eine Formulierung von Standards in diesem Sinne müsste für folgende Bereiche erfolgen:

Zusammenarbeit in der Schule

Allgemeine und fachdidaktische Standards

Spezifisch sonderpädagogische Standards

Schulleitung und Schulaufsicht kommen bei der Implementierung und Sicherung dieser noch zu konkretisierenden Standards eine Schlüsselfunktion zu. Die Schulaufsicht für sonderpädagogische Förderung muss hier eine Querschnittaufgabe für alle Schulformen wahrnehmen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Sonderpädagogische Förderung und Inklusion NRW fordert die Landesregierung daher auf, auf der Basis der Richtlinien und Lehrpläne der allgemeinen Schulen Standards sonderpädagogischer Förderung und notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die Grundlagen der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Förderbedarf in einer inklusiven Schule bilden.

Spezifische Curricula

Mit der Leitidee einer inklusiven Schule hat sich international die Idee der Dualen Curricula durchgesetzt, um unabhängig vom Ort der Beschulung die Bedarfe an spezifischer Diagnostik und Interventionen zu beschreiben[1].

Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf benötigen neben dem allgemeinen Curriculum (Regelcurriculum) ein spezifisches Curriculum. In diesem spezifischen Curriculum müssen die Inhalte abgebildet werden, deren Beachtung in Diagnostik, Förderung und Unterrichtung über den Rahmen der allgemeinen pädagogischen Bedarfe hinaus gemäß des vorliegenden Förderschwerpunktes eine eigenständige Qualität und Quantität erwarten lässt[2].

Da Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf unterschiedliche Barrieren zur Teilhabe an Bildung treffen können, ist ein personenbezogenes Arbeiten mit einem spezifischen Curriculum notwendig.

Voraussetzung für den Einsatz eines spezifischen Curriculums ist die Entwicklung der allgemeinen Schule hin zur inklusiven Bildung, in der das Lernen für alle Schülerinnen und Schüler so barrierearm und fachrichtungsspezifisch wie möglich gestaltet wird. Dies bedeutet eine Didaktik der Vielfalt und der Anerkennung von Heterogenität als Chance für die Gestaltung schulischen Lernens.

Für die Umsetzung eines spezifischen Curriculums müssen sowohl unterrichtsimmanente als auch zusätzliche organisatorische Formen in den Schulalltag der Kinder/Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf einfließen. Dabei wird die Umsetzung von Lehrkräften verantwortet, die für den jeweiligen Förderschwerpunkt eine spezifische Lehrbefähigung aufweisen.

Für die Realisierung eines spezifischen Curriculums gelten Zeiträume, in denen ausgewählte Gegenstände schwerpunktmäßig bearbeitet werden bzw. Schnittstellen, zu denen spezifische Kompetenzen angeeignet sein sollten. Die Zeiträume und Schnittstellen orientieren sich an dem individuellen Bedarf des Kindes/Jugendlichen sowie an einer barrierefreien Teilhabe am Regelcurriculum.

In die Prozesse der Erstellung, zeitlichen Strukturierung, Verschriftlichung und Evaluation des spezifischen Curriculums sind die Eltern unter Maßgabe der schulrechtlichen Rahmensetzungen einzubinden.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Sonderpädagogische Förderung und Inklusion NRW fordert die Landesregierung daher auf, auch unter dem Aspekt von Dualen Curricula, fachrichtungsspezifische Standards und notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen, welche Grundlage der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Förderbedarf in einer inklusiven Schule darstellen.


[1] vgl.: Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e.V. (VBS), Prof. Dr. Sven Degenhardt u.a.: Bildung, Erziehung und Rehabilitation blinder und sehbehinderter Kinder und Jugendlicher in einer inklusiven Schule in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland Standards - Spezifisches Curriculum - Modell-Leistungsbeschreibung, S. 4 6: www.vbs.eu/uploaded_files/110721_spezifisches_curriculum.pdf

[2]z. B. im Förderschwerpunkt Sehen: Orientierung und Mobilität, unterschiedliche Braille-Schriftarten, Gebrauch spezifischer Hilfsmittel (z. B. Laptop mit Braillezeile, Screenreader und Sprachausgabe), Lebenspraktische Fertigkeiten, Verwendung des individuellen Sehvermögens in unterschiedlichen Kontexten etc., z. B. im Förderschwerpunkt Sprache: Handzeichensysteme

 

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